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Die Benchmark - oftmals eine "Fata Morgana" in der Finanzbranche

Aktualisiert: 13. Juni 2022

Mit Einführung von MiFID II wurden europäische Vorgaben in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) umgesetzt, um neben vielen anderen Anforderungen vor allem den Privatanleger besser zu schützen. Im Bereich der Finanzportfolioverwaltung, also der klassischen Vermögensverwaltung, sieht der Gesetzgeber vor, dass die Vermögensverwalter auf der Grundlage der Anlageziele des Kunden und der Art der im Kundenportfolio enthaltenen Finanzinstrumente eine angemessene Bewertungs- und Vergleichsmethode, etwa eine aussagekräftige Vergleichsgröße – die Benchmark, festlegen. Ziel dabei ist es, dass der Kunde, für den die Dienstleistung erbracht wird, die Leistung der Wertpapierfirma objektiv bewerten kann (MiFID Art. 30 Absatz 2). Die Herleitung der Benchmark erfolgt über das Kundenund Risikoprofil (WpHG-Bogen) und die Anlagerichtlinien. Der wesentliche Schritt ist jedoch die Übersetzung der Vorstellungen des vermögenden Kunden in die Festlegung der dazu passenden Vergleichsgröße, also der Benchmark. Das Ergebnis daraus ist eine Aufteilung des Vermögens auf Assetklassen und deren zugrunde gelegten Indizes. Je nach Größe des Portfolios kann eine feinere Aufteilung vorgenommen werden nach deutschen, europäischen, internationalen Aktien, Aktien und Anleihen aus Schwellenländern, nach Unternehmens- und Staatsanleihen, Währungsexposure (Gesamtbetrag des Kapitals der Währungstransaktionen). Für diese einzelnen Segmente werden dann die dazu passenden Indizes oder auch ETFs herausgesucht und mit der gewünschten Gewichtung versehen. Die Addition aller gewichteten Einzelsegmente ergibt dann die Benchmark für den Kunden. Ganz individuell. Viele Kunden jedoch können mit einer Benchmark, die der Vermögensverwalter vorschlägt, gar nichts anfangen. Oftmals besteht die Benchmark gerade für den Laien aus nicht zu verstehenden Abkürzungen. Sie wollen allerdings nur wissen, wie die Performance im Vergleich zu beurteilen ist. Was ist nun eigentlich Performance?


Die Performance zeigt an, wie sich der Wert einer Anlage über einen bestimmten Zeitraum entwickelt hat, und wird üblicherweise als Prozentzahl angegeben. Performance ist

entweder absolut, das heißt, die Wertentwicklung eines Investments wird für sich betrachtet, oder relativ. In letzterem Fall wird diese Wertentwicklung einem Vergleichsmaßstab, einer Benchmark, gegenübergestellt. Besser zu sein als die Benchmark, ist das Ziel der Portfoliomanager und Vermögensverwalter. Denn langfristig wird ein Vermögender nur dem Portfoliomanager sein Vermögen anvertrauen, wenn dieser einen Mehrwert gegenüber

einer kostengünstigen »Allerweltsanlage« erzielen kann. Gerade in der Zusammensetzung der Benchmark trickst die Finanzbranche jedoch sehr gerne. Spätestens seit dem Libor-Skandal, bei dem der Referenzzinssatz für das Interbankengeschäft manipuliert worden ist, dürfte klar sein, dass die Anleger oftmals hilflos den Profis ausgesetzt sind.


Wir haben die Erfahrung gesammelt, dass die festgelegte Benchmark in der Vermögensverwaltung des Öfteren mehr eine »Fata Morgana« ist, als ein fairer Vergleich. Eine »Fata Morgana« ist eine optische Täuschung, die einen bestimmten Gegenstand oder ein bestimmtes Ergebnis vorgaukelt. Und genauso ist es mit der Festlegung einer Benchmark. Ein genauer Blick ins Reporting könnte so manchen Zündstoff hervorbringen. Hat ein Kunde beispielsweise als Benchmark nur 50 Prozent Aktiengewichtung, jedoch im

Depot durchschnittlich immer mehr als 70 Prozent Aktien im Bestand und hoffentlich auch die richtigen, dann schaut die Leistung des Portfoliomanagers oder des Vermögensverwalters in guten Jahren optisch sehr gut aus. Die Wahrheit wird also verbogen. Zudem gibt es in der Zusammensetzung der verschiedenen Indizes in einer Benchmark noch erhebliche Unterschiede in Form von Performance- und Preisindizes beziehungsweise kapitalgewichtete oder gleichgewichtete Indizes. Dazu gibt es noch feine Unterschiede bei den Währungen. Sind diese bei der Verwendung eines ETF als Referenzindex abgesichert oder besteht ein zusätzliches Risiko? Für den Laien wird es nun schon schwierig: Welcher ist denn nun der Richtige? Einfach ausgedrückt: Die Benchmark muss zum Anleger und

seiner Strategie passen.


Doch auch bei der Auswahl der verschiedenen Aktienindizes wird gerne manchmal geschummelt: Ist in der Benchmark beispielsweise der DAX mit hinterlegt, sieht die Performance des Vermögensverwalters sicherlich ganz gut aus. Denn der DAX hat in den vergangenen Jahren nicht so gut abgeschnitten im Vergleich zu den verschiedenen

US-Indizes, wie der Technologieindex Nasdaq oder gar der MSCI World Index. Wenn ein Anleger internationale Aktien im Depot hat, sollten auch internationale Benchmarks

zu dem jeweiligen Prozentsatz hinterlegt werden. Ein guter Vermögensverwalter zeichnet sich auch dadurch aus, indem er fair und objektiv dem Vermögenden die Zusammenstellung der Benchmark erklärt. Diese kann übrigens jederzeit beim Vermögensverwalter geändert werden.


(erschienen 2021, "Die Elite der Vermögensverwalter im deutschsprchigem Raum", 18. Jahrgang, www.elitereport.de, Handelsblatt Elite Report Edition)

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